Darüber hinaus tragen regelmäßiges Training, das Achten auf die eigene mentale Gesundheit, gesundes Essen, genug Schlaf, das Verbringen von Zeit mit Freunden und in der Natur eklatant dazu bei, überhaupt etwas geben zu können. Eine Karriere wie meine übt aber leider auf all diese Punkte einen eher negativen Druck aus und die Gefahr steigt, dass dich dieser Job komplett auffrisst, was dazu führt, dass du dein Studio letztlich so gut wie nicht mehr verlässt. Das habe ich am eigenen Leib erfahren und man sollte wirklich immer versuchen all dies auf ein machbares Minimum zu beschränken. Komponisten tendieren stark dazu, ihr Bild des niemals Schlafenden, immer eine Milliarde Projekte nebeneinander jonglierenden und duzende Minuten Musik pro Tag Schreibenden zu romantisieren. Die objektiv betrachtete Wahrheit ist jedoch, dass all jene, die sich zu tief in diese Arbeit hineinstürzen am Ende nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihr Privatleben zerstören – genauso wie ihre Musik. Das ist weder eine erstrebenswerte Art zu leben noch zu arbeiten. Du musst eben versuchen all diesem Druck irgendwie entgegen zu wirken. Beispielsweise meditiere ich jeden Tag knapp 30 Minuten, was mein Leben weitaus positiver beeinflusst als manch anderes.
Auf der technischen Seite könnte ich meine Philosophie eher tiefgreifend als breit aufgestellt und mit generell wenig Reibungspunkten beschreiben. Wir alle kennen dieses Verlangen zu Beginn eines neuen Projekts eine große Menge frisches Equipment zu kaufen, aus der leeren Hoffnung und Sorge heraus, dass es neue Sounds und neues Gear braucht, um die Musik besser zu machen. Am Ende bereut man den Kauf und die Festplatte ist schon wieder ein bisschen voller geworden. Daher habe ich mir angewöhnt erst einmal tief in die vorhandene Toolbox zu schauen und herauszufinden was man damit alles sonst noch tun kann – Gear nachkaufen braucht man nur, wenn es wirklich unbedingt nötig ist.
Mein Cubase-Template optimiere ich ständig, denn ich mag es, wenn mir mein virtuelles Rack so wenig wie möglich in die Quere kommt und mich statt dessen bestmöglich bei der Suche nach einem bestimmten Sound unterstützt. Ich habe gerne so viel wie möglich offen und verfügbar, um Umschaltprozesse zu vermeiden, indem ich einem Track immer nur eine bestimmte Sache zuweise. Ich muss gestehen, dass ich keine Expression Maps nutze, auch wenn dies ein wirklich großartiges Feature ist. Für mich müssen die Dinge immer ausgesprochen straight-forward sein, auch wenn das Template dadurch umfangreicher wird. Aber ein großes Template schafft unter Umständen auch ein zu großes Maß an Vertrauen in die eigene Trickkiste, inklusive zunehmender Stagnation, daher versuche ich meiner Riesen-Templatitis mit der Nutzung von noch mehr Track-Presets mit interessanten PlugIn-Ketten und Quick-Controls für schnelle Handhabung entgegen zu wirken. Ich mag die Idee eine Basis oder das Kernstück in meinem Template zu haben – dein orchestrales Brot-und-Butter-Setup sollte immer einsatzbereit sein – ich sehe wirklich keinen Sinn darin erst einmal auf Bratschenjagdt zu gehen. Zudem sollte dein Bus-Setup für die Stem-Ausgabe bereits möglichst breit ausgelegt sein. Natürlich ist alles ein Balanceakt und niemals perfekt, aber das ist OK so.
Was meine Arbeitsgeschwindigkeit innerhalb von Cubase angeht, bin ich ebenfalls ziemlich pingelig, glücklicherweise ist das aber ziemlich einfach zu realisieren. Viele MIDI-Controller-Setups, Tastaturbefehle, generische Remotes, logische Editor-Presets und so weiter, treffen zusammen um die einzelnen Prozesse von Komposition, Programmierung, Sounddesign, Editing und Mixing miteinander zu verbinden und zu verschmelzen. Ich bin mit diesem Zeug aber nicht verheiratet und so bleibt alles im Fluss mit ausreichend Raum zum Experimentieren und genug Potential immer wieder ein bisschen mehr Geschwindigkeit und weniger Reibungspunkte zwischen dem Konzept der Idee und ihrer Umsetzung zu realisieren.
Dann ist da ja auch noch der tägliche Computerkram: die Ordnerstruktur, Namens-Konventionen und alles was dabei hilft, dass sich am Ende alles beinahe von selber organisiert. Das Lernen grundlegender Programmierfähigkeiten hilft darüber hinaus langweilige, monotone und zeitfressende Tätigkeiten wie das Umbenennen ganzer Datei-Pakete durch Stapelverarbeitung zu bewältigen. Kleinigkeiten können da schon mal große Auswirkungen haben.
Wichtiger als alles andere und absolut essentiell ist es allerdings sich einen Sinn für Spiel, Spaß und das Staunen während des Prozesses zu bewahren, denn aus keinem anderen Grund habe ich diese Karriere letztlich gewählt. Das Komponieren vor dem Hintergrund einer festen Deadline kann natürlich immer stressig werden, aber man sollte sich zumindest die Chance geben einen Punkt zu erreichen, an dem man sich nur um sich und das Projekt Sorgen machen muss. Dann erhalten Komposition und Kreativität automatisch den Raum, den sie benötigen – das lässt sich schwer erklären aber es passiert! Man muss es halt zulassen.