Romesh Dodangoda produziert mit Nuendo

Von Markus Thiel

Der britische Tontechniker, Produzent und Nuendo-User der ersten Stunde Romesh Dodangoda ist bekannt für seine erfolgreiche Arbeit mit Bands wie Motörhead, Bring Me The Horizon und Bullet For My Valentine. Von seinem Studio in Cardiff/Wales aus produziert er aktuell einige der angesagtesten britischen Acts, mit denen er seine ästhetische Vision von plastisch-authentischen Drumsounds und massiven Gitarrenwänden teilt. Romeshs musikalische Handschrift ist geprägt von seiner Vorliebe für analoges Outboard und dem Vibe perfekt vorgeheizter Röhrenverstärker. Ein unverfälschter Sound und dessen freie charakterliche Entfaltung sind ihm dabei immer besonders wichtig. Wir sprachen mit Romesh über seine Arbeit und die innewohnende Magie einer im Studio zusammenspielenden Band.

Kannst du uns kurz etwas über deinen Background erzählen? Wie bist du in der Branche gelandet?

Bereits in jungen Jahren habe ich angefangen Gitarre zu spielen. Wie viele andere auch, beschäftigte ich mich in Folge dessen zunehmend damit, wie man aus den Lautsprechern eines Amps letztlich exakt den Sound herausbekommt, den man von Anfang an haben wollte. Schließlich fing ich an, Freunde aufzunehmen und kam auf diesem Weg Stück für Stück hinter die Funktionsweise der Aufnahmetechnik. Das hat nachhaltig mein Interesse geweckt und dafür gesorgt, dass sich von da an alles stetig weiterentwickelte.

Soweit ich weiß, waren sowohl dein Start als auch deine Herangehensweise ans Recording zunächst einmal sehr analog geprägt...

Ja, mein erstes Studio besaß eine analoge Konsole – eine Mackie 32-8. Mit der Zeit kam dann noch eine Menge an Outboard hinzu, denn wenn du beispielsweise ein Schlagzeug aufnehmen möchtest, benötigst du ja schon einiges an unterschiedlichen Kompressoren. Auch für den Fall, dass man mal einen anderen Vocal-Reverb benötigt, muss dieser ja schließlich erst einmal vorhanden sein. Zu dieser Zeit begann ich auch Cubase zu nutzen, um meine Tracks zu editieren, wobei ich alle 16 Tracks meiner Bandmaschine in den Computer überspielte und anschließend wieder zurück.

Wenn du mit Bands zusammenarbeitest, bist du da in den gesamten Prozess von der Aufnahme über den Mix bis hin zum Mastering komplett involviert?

Im Prinzip ja! Normalerweise beginnt alles mit einem Demo, bei welchem ich zunächst einmal überprüfe, ob mit dem Arrangement soweit alles stimmt. Wenn ich das Gefühl habe, dass der Song noch irgendwelche Änderungen benötigt, mache ich diese normalerweise gerne direkt im Studio. Bevor es jedoch ins Studio geht, liegt meine Hauptaufmerksamkeit erstmal nur auf dem Arrangement, um zu klären, ob dieses noch Probleme aufweist, die zuvor gelöst werden müssen. Davon abgesehen, habe ich ohnehin die besten Ideen im Studio, unmittelbar während die Aufnahmen laufen. Da ich Musik, die ich aufnehme, meist auch selber mixe, begleite ich somit den gesamten Prozess.

Du hast ja vornehmlich mit Metal- und Rockproduktionen zu tun, heißt das, dass du bei Aufnahmen insgesamt auch eher den klassischen Ansatz verfolgst, also einen, bei dem sich die Band komplett im Studio trifft, um zusammen zu spielen?

Das kommt darauf an. Für gewöhnlich ist es großartig, wenn man die gesamte Band ins Studio einlädt und alle zusammen spielen lässt. Da es sich dabei ja auch meist um die Band handelt, die auch für das Songwriting verantwortlich ist, ist das ein wirklich guter Ausgangspunkt. Manchmal läuft es aber auch anders, vor allem wenn man damit beginnt, um ein existierendes Demo herumzuarbeiten. Es hängt aber in der Praxis auch sehr von der jeweiligen Band ab. Der klassische Ansatz ist insgesamt aber schon eher der Normalfall.

Ist das gleichzeitig auch persönlich deine favorisierte Vorgehensweise?

Ja, das mag ich schon wirklich sehr! Es ist einfach eine ganz besondere Magie im Raum, wenn alle zusammen spielen. Zudem macht es so den meisten Bands auch viel mehr Spaß und jeder bleibt gleich involviert.

Wenn ich mir deine Aufnahmen so anhöre, bekomme ich den Eindruck, dass du zum einen viel Zeit auf Gitarrensounds verwendest aber gleichzeitig auch dem Schlagzeug eine erhöhte Aufmerksamkeit widmest.

Ja! Ich bin davon überzeugt, dass wenn der Drumsound erst einmal richtig sitzt, sich alles andere darüber wie von selbst zusammenfügt. Wenn die Drums soundmäßig nicht passen, fängt man in der Regel an, viele andere Parts darüber zu stapeln, um im Ergebnis alles ein bisschen größer klingen zu lassen. Diese Anteile sind aber meistens überhaupt nicht notwendig. Wenn man ausreichend Zeit in gute Aufnahmen investiert, damit die Drums schön herausstechen und perfekt klingen, benötigt man letztlich auch weitaus weniger Gitarrenparts und andere Extras, um Löcher innerhalb des Arrangements zu stopfen. Ich widme den Drums daher ausgesprochen viel Zeit, angefangen beim richtigen Tuning bis hin zur Auswahl des passenden Kessels für einen bestimmten Song. Das ist für mich eine der aufwändigsten Arbeiten während einer Produktion.

Greifst du dabei viel auf deine eigenen Drums zurück?

Ja, ich habe über die Jahre eine wirklich große Kollektion von Snares und ein paar Kits angesammelt, die ich wirklich sehr mag. Bei Aufnahmen nutze ich schließlich auch nicht einfach ein einziges komplettes Kit, sondern beispielsweise die Bass Drum von dem einen und die Toms von einem anderen Set. Ich bin ein wirklich großer Gretsch-Fan, ergänzend besitze ich aber auch noch ein Yamaha Custom Kit, von dem ich die Toms ganz besonders liebe. Es ist einfach toll eine Auswahl an Möglichkeiten zu haben mit denen man herumexperimentieren kann.

Ich empfinde deine Mixe beim Hören angenehm luftig in der Art, dass sie jedem Instrument den nötigen Raum geben und auf der anderen Seite trotzdem ausgesprochen dicht klingen, was zu einer schönen Balance führt.

Die meiste Zeit über bin ich schon ein großer Wall-Of-Sound-Fan, was letztendlich aber auch viel mit einem cleveren Arrangement zu tun hat. Innerhalb einer Strophe versuche ich beispielsweise vermehrt Elemente herauszunehmen, um damit eine Art Mono-Gefühl zu kreieren, welches dann die volle Bandbreite des einsetzenden Chorus noch intensiver erlebbar macht.

Dein Studio verfügt auch über eine bemerkenswerte Sammlung an Gitarrenverstärkern.

Ja, und seitdem wir vor kurzem einen KHE Amp Cab Switcher installiert haben, ist das Handling dieser Sammlung auch noch einmal deutlich einfacher geworden. Die Amps permanent eingebunden zu wissen und eingeschaltet lassen zu können, ist wirklich großartig. Man braucht lediglich eine Gitarre anschließen und dann so lange zwischen den einzelnen Kabinetten und Verstärkern hin- und herschalten, bis man den richtigen Sound für einen Song gefunden hat.

Nutzt du dieses Setup auch viel für Re-Amping-Zwecke?

Manchmal. Ehrlich gesagt befasse ich mich nicht viel mit Re-Amping, da ich es vorziehe den Sound im Prozess durch die direkte Beziehung zum Gitarristen zu formen. Wenn man einen bestimmten Sound hat, spielt man einfach vollkommen anders und das ist genau das, was ich gerne auf dem Weg zum Ergebnis einfangen möchte. Im Übrigen mixe ich immer alles sofort auf einen Kanal, selbst wenn ich ein Kabinett gleichzeitig mit unterschiedlichen Mikrofonen abnehme, denn dies ist der Gitarrensound, den ich hören möchte. Ich mag es zudem nicht, wenn ich in einer Session auf eine Flut von Mikrofonsignalen ein und desselben Takes schaue. Das Layern von Gitarrensounds macht die Arbeit darüber hinaus extrem schwierig. Andauerndes Tweaken führt letztlich doch nur dazu, dass man eigentlich niemals den Ton bekommt, der einem zu Beginn einmal vorschwebte. Davon abgesehen nehme ich als optionalen Undo aber bei jeder Session auch noch ein DI-Signal mit auf — nur für den Fall, dass ein Take klanglich mal so richtig daneben geht.

Das heißt du investierst insgesamt sehr viel in die Vorproduktion…

Wenn man sich in der Aufnahmephase die nötige Zeit für gute Takes nimmt, benötigt man später im Mix einfach deutlich weniger Zeit für Reparaturen. Daher ist Vorbereitung für mich absolut essentiell.

Hast du eine spezielle Soundphilosophie, mit der du an einen Mix herangehst?

Nicht wirklich! Ich mische im Allgemeinen sehr schnell, da ich der Meinung bin, dass man sich durch häufiges Stoppen und erneutes Überdenken von Entscheidungen zu sehr in Details verliert. Ich versuche immer wieder den Fokus zu erweitern, um zu spüren, was der Song noch benötigt. Die meiste Zeit nehme ich daher zunächst sehr umfangreiche Anpassungen vor, um den Song schnell ans Laufen zu bekommen. Danach kümmere ich mich um die Details. Wenn es ums Mischen geht, vertraue ich da schon sehr auf meinen Instinkt. Details sind natürlich wichtig, aber zu viel Arbeit an ihnen kann auch schon mal das komplette Leben aus einem Song saugen. Wenn man zu viele Dinge herausseziert, entfernt man eben auch manchmal die Magie, die in den Aufnahmen steckt. Es passiert einfach viel zu schnell, dass man im Prozess auch etwas von den richtig guten Dingen verliert. Wie bei allem geht es schließlich auch hierbei um die richtige Balance.

Was passiert in deiner DAW? Nutzt du in Nuendo viele Plug-ins, oder versuchst du deine Soundideen hauptsächlich mit deinem eingebundenen Outboard umzusetzen?

Es ist etwas von beidem. Signale mittels Kompressor und einer individuellen EQ-Einstellung oder weiterer Prozessoren an die DAW zu schicken, ist bei mir eigentlich schon eher die Regel als die Ausnahme. Aber es gibt natürlich auch ein paar Plug-ins, die ich regelmäßig einsetzte, wie zum Beispiel den „SSL 4000 E“-Channel von Plugin Alliance. Darüber hinaus nutze ich auch viele der großartigen Stock-Plug-ins sowie einiges von UAD. Insgesamt tendiere ich aber doch stark dazu, nicht zu viele Sachen zu installieren, was letztlich die Qual der Wahl doch deutlich reduziert.

Gibt es etwas, was du in der digitalen Welt noch vermisst? Irgendwelche persönlichen Wünsche für die Zukunft?

Oh, da fällt mir im Moment gar nichts ein! Ich habe das Gefühl, dass aktuell schon alles ziemlich perfekt ist. Ich habe ja gerade erst begonnen mit Nuendo 11 zu arbeiten und ich bin der Meinung, dass die Software heutzutage bereits so ziemlich alles bietet, was man sich nur wünschen kann. Ich setze Nuendo nun bereits seit Version 1 ein und es ist für mich seit jeher ein unglaubliches Werkzeug gewesen. Einer der interessantesten Punkte für mich ist, dass viele der in Nuendo enthaltenen Features meist erst viel später in andere populäre DAWs Einzug halten. So verhält es sich auch mit dem integrierten Streaming-Feature, das es mir ermöglicht, Änderungen an einem Mix mit dem Kunden bequem online durchzugehen – ganz egal wo dieser sich gerade befindet. Ein wirklich leistungsstarkes Feature, welches mir unter dem Strich schon jetzt einiges an E-Mail-Konversation eingespart hat. Steinberg hat für mich einfach immer die Nase vorn!

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