"Sing meinen Song" produziert mit Cubase und Dorico

Von Markus Hartmann und Sebastian Mönch

Seit Beginn im Jahre 2014 ist "Sing meinen Song – Das Tauschkonzert" eine der erfolgreichsten deutschen TV-Musiksendungen. Mittlerweile waren mehr als fünfzig internationale und in Deutschland bekannte Künstler Teil dieser Show. Das ursprüngliche Konzept basiert auf der niederländischen Sendung "De beste zangers van Nederland" und wird in zehn europäischen Ländern ausgestrahlt. Der besondere Reiz dieser Show liegt darin, dass die Künstler untereinander die Songs tauschen und auf ihre eigene Weise interpretieren. Begleitet werden sie dabei von der hervorragenden Live-Band "Grosch's Eleven". So entstehen für das Publikum und nicht zuletzt auch für die Künstler selbst immer wieder ungeahnte Überraschungsmomente, die für Gänsehaut sorgen.

Für die Arrangements und musikalische Umsetzung zeichnet sich der Bandleader und Produzent Mathias Grosch verantwortlich. An seiner Seite ist der Notist und Arrangeur Konrad Hinsken, der die Arrangements für die Live-Band in Dorico umsetzt. Beide arbeiten schon viele Jahre mit der DAW Cubase und der Notationssoftware Dorico.

Wie sind die Grosch’s Eleven, deine Live-Band für „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“, entstanden?

Mathias: Da ich noch aus meiner Studienzeit hier in Mannheim viele Leute kenne, konnte ich aus einem großen Pool von Musikern die elfköpfige Band zusammenstellen. Ebenso habe ich auch Konrad als Arrangeur von Beginn an mit ins Boot geholt. Wir entwickelten dann das musikalische Konzept der auf die Künstler zugeschnittenen Arrangements.

Wer sucht die Künstler und die Songs aus?

Mathias: Die Produktionsfirma Talpa sucht zusammen mit dem Auftraggeber Vox, in enger Zusammenarbeit mit uns, die Künstler aus. Dabei wird darauf geachtet, dass diese aus unterschiedlichen Genres kommen, damit wir ein möglichst vielfältiges Spektrum an musikalischen Einflüssen haben. Wenn das geschehen ist, setzen wir uns mit den teilnehmenden Künstlern zusammen, um zu besprechen, wer welchen Song des anderen interpretiert.

Wie beginnst du mit den Künstlern zu arbeiten und wann kommt Cubase ins Spiel?

Mathias: Nachdem die Songs feststehen, kommt jeder Künstler zu mir ins Studio und wir arbeiten an den Songs. Das ist für mich der spannendste und kreativste Teil der Arbeit. Ich übernehme die Rolle des Produzenten und erarbeite mit den Künstlern gemeinsam die Arrangements, zum Teil auch in völlig unterschiedlichen Stilrichtungen. Hierbei unterstützt mich Cubase Pro beim Erstellen der Arrangements. Ich beginne jeden Song mit meinem Songwriting-Template, das ich als Projekt-Vorlage gespeichert habe. Darin arbeite ich im Projektfenster mit Ordnern, bei denen jedes Instrument eine bestimmte Farbe hat, so dass ich mich in der kreativen Phase schnell zurechtfinde und Ideen spontan festhalten kann. Mit einer breiten Palette an Sounds werden gleich diverse VSTis geladen. Ebenso sind Audiospuren für echte Instrumente und Gesang mit den passenden Plugins schon eingerichtet und die Arrangerspur ist auch schon angelegt, so dass ich mit den verschiedenen Formteilen flexibel arbeiten kann. In der aktuellen Version ist das Komponieren im Key-Editor noch übersichtlicher geworden, da ich mir dort auch Marker oder die Arrangerspur anzeigen lassen kann. Alle Spuren laufen dann in ein Bus-System. In der MixConsole nutze ich unter anderem auch VCA-Fader, um schnell und möglichst flexibel den Pegel oder das Panning einzelner Instrumente oder ganzer Instrumentengruppen beeinflussen zu können. Am Ende sind es dreizehn Gruppenspuren, sechs Effektspuren und vier Spuren mit Parallelkompression, die dann auf den Master gehen.

Nach zwei Tagen intensiver Kreativarbeit in Cubase sind sechs aussagekräftige Demos, bei denen auch schon die Klangästhetik herausgearbeitet ist, fertig. Dann kommt Konrad ins Spiel.

Was ist deine Aufgabe, Konrad?

Konrad: Wenn die Vorproduktion fertig ist, beginne ich in Dorico mit dem Arrangieren für die Live-Band. Ich starte auch mit einer Vorlage, bei der alle Instrumente der Band schon angelegt sind. Hinzu kommen noch ein Leadsheet und ggf. eine weitere Gitarre oder Klavier des Künstlers. Hierbei lade ich die exportierten MIDI-Dateien aus Cubase in Dorico ein und kopiere dann die Noten in die Vorlage, die noch zwei Takte zusätzlichen Vorzähler enthält. So habe ich die gleiche Form des Songs und die gleichen Taktzahlen wie in Cubase. Das ist für den weiteren Produktionsprozess natürlich wichtig. Dann korrigiere ich bei Bedarf die Noten und arrangiere den Song so, dass er mit der Live-Band umgesetzt werden kann.

Wo liegen denn die Vorteile beim Erstellen des Notenmaterials mit Dorico?

Konrad: Für unseren Produktionsablauf benötigen wir ein absolut sauberes und klares Notenbild. Viele Funktionen in Dorico unterstützen mich bei meiner Arbeit, wie z.B. das automatische Layout, bei dem es keine Kollisionen mehr gibt. Das ist großartig. Man spart eine Menge Zeit, die man früher mit dem Layout verbracht hat! Ich trage alle Informationen, wie z.B. Name des Künstlers, Titel, Komponist, Nr. der Staffel etc.  in die Projektinfo ein. Dank der Musterseiten erscheinen diese Informationen immer an korrekter Stelle, sowohl in der Partitur als auch in allen Einzelstimmen mit den passenden Schriftgrößen. Dann schreibe ich die Noten mit Phrasierung, Dynamik und allem was dazugehört in die Partitur. Hierbei verwende ich ausschließlich die Computertastatur mit den entsprechenden Popovers. Das geht echt schnell, weil die Eingabe und das Layout in Dorico getrennt voneinander sind und man nicht zwischendrin schon einzelne Dinge hin- und herschieben muß. Toll ist auch, dass man z.B. Akkordsymbole nur noch einmal in die Partitur eintragen muß und diese dann automatisch sofort in der ganzen Rhythmusgruppe geschrieben werden. Dann stelle ich für die Einzelstimmen noch ein viertaktiges Layout ein, so dass die Songform übersichtlich bleibt. Der Rest geht von alleine. Es sieht einfach sofort immer gut aus. So kann man sich auch unter Zeitdruck immer darauf verlassen, dass Dorico automatisch ein gut lesbares Notenbild erstellt.

In welcher Form erhalten die Musiker die Noten?

Konrad: Konrad: Die komplette Band arbeitet mit Dorico und hat Zugriff auf meine Arrangements. Jeder Musiker läd sich die Dorico-Files vom Server herunter und hat dann die Möglichkeit in seine Noten ggf. noch notwendige Änderungen einzutragen. So bleiben wir absolut flexibel und jeder Musiker kann sich seinen Part, wie er ihn gerne lesen möchte, individuell einrichten.

Werden die Noten noch ausgedruckt, oder vom Tablet gelesen?

Konrad: Die Bläser haben ihre PDFs auf iPads und spielen davon. Die Rhythmusgruppe druckt sich die Noten noch auf Papier aus.

Wie entstehen die verschiedenen Klangwelten?

Mathias: Der Engineer mischt in Zusammenarbeit mit mir schon während der Proben die Titel weitestgehend so, wie sie dann am Ende klingen sollen, um der jeweiligen Klangästhetik und dem Endergebnis möglichst nahe zu kommen.

In der Sendung wird der Titel ja dann nur einmal gespielt, so dass wir bis zu diesem Zeitpunkt alles Klangliche schon ziemlich festgezurrt haben.

Wie werden dann die Endmischungen erstellt?

Mathias: In der Kürze der Zeit, von der Live-Aufnahme bis zur Veröffentlichung, ist es unmöglich, dass alles von einer Person gemischt wird. Die rund fünfzig Titel pro Staffel werden von drei Engineers gemischt. Das Engineerteam kennt meine klanglichen Vorstellungen, so dass ich im Zweifel nur vorgebe, in welche emotionale Richtung der Mix gehen soll. Während dieses Mischprozesses besteht meine Aufgabe dann darin, über gewünschte Änderungen mit den Künstlern zu kommunizieren und dann mit den Engineers umzusetzen.

Was wünscht ihr euch noch für die digitale Musikproduktionswelt?

Mathias: Für meinen Workflow ist Cubase schon weitestgehend perfekt.

Einen Wunsch hätte ich dennoch: Es ist bei manchen Drittanbietern von VST-Plugins leider immer noch so, dass deren aktuelle Plugins nur im VST 2-Format verfügbar sind. Die verbrauchen ja auch Rechenleistung, wenn gar kein Signal anliegt. Ich wünsche mir, dass alle auf das VST 3-Format umstellen, so dass die maximale Performance in Cubase ausgenutzt werden kann.

Konrad: Dorico hat mit der Version 3.5 alle wesentlichen Funktionen, die ich für meine Arbeit benötige. Die Entwicklung von Version zu Version ging ja wahnsinnig schnell. Ich denke, dass wir da noch einiges in nächster Zeit zu erwarten haben. Ich bin gespannt.

Mathias: Was uns beiden glaube ich besonders gut gefällt, ist der direkte Draht zu den Entwicklern bei Steinberg, die immer ein offenes Ohr für unsere Wünsche und Vorschläge haben.

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