Tariq Khan: "Catching the Vibe" mit VST Connect

Von Markus Thiel

Der mit seinem Studio HighBreedMusic in New York ansässige Produzent Tariq Khan gehört zum festen Bestandteil der lebendigen und facettenreichen Musikszene des Big Apple. Über die letzten Jahre arbeitete er bereits mit zahlreichen preisgekrönten Künstlern und veröffentlichte Alben bei unterschiedlichen Major-Labels. Sein besonderes Gespür für das Verknüpfen von Menschen führte letztlich zum Entstehen eines kreativ vielseitigen Netzwerks, welches Künstler wie Kendra Foster, Cory Hendry oder Kimbra umfasst. Bei seinen Aufnahmen gelingt es ihm dabei immer wieder, einen ganz speziellen Vibe und eine besondere Energie einzufangen, wie man es sonst nur von einer Live-Performance erwartet. Wir sprachen mit Tariq über seine Philosophie der Musikproduktion und neue effiziente Wege für die Studioarbeit des 21. Jahrhunderts.

Wie ich gehört habe, hast du mit deinem Studio über die letzten Jahre einen sehr individuellen Recording-Weg eingeschlagen. Kannst du uns etwas darüber erzählen?

Das Ganze begann eigentlich im Jahr 2006 als ich dabei war, eine Platte mit einer Künstlerin in Kuba zu produzieren. Sie konnte mit ihrem Gesang wirklich großartig auf der Bühne performen, allerdings hatte ich sie noch nie zuvor im Studio gehört. Bei den Aufnahmen stellte sich dann leider heraus, dass ihre Takes nicht annähernd an das herankamen, was man live von ihr gewohnt war. Mit einem Mal steckte ich also mitten in der Situation, mit jemandem eine Platte produzieren zu müssen, der auf der Bühne zwar unfassbar gut war, im Studio aber kaum noch singen konnte. Glücklicherweise befand sich unter dem Studio ein ungenutzter Veranstaltungsraum, was mich auf die Idee brachte ein Loch in die Decke zu bohren und alle relevanten Kabel, die ich für die Aufnahmen brauchte nach unten durchzuführen. Dann installierte ich Isolationen für sämtliche Instrumente wie etwa eine Plexiglass-Box für das Schlagzeug und verband alles mit meiner Regie parallel zu einer von der Bühne wegweisenden PA-Beschallung für das Publikum. Das Ergebnis war eine Aufnahme, die zu 95% an das herankam, was man sonst von einer guten Studioaufnahme gewohnt war. Dabei befanden sich etwa 150 zuhörende Personen im Zuschauerraum. Ihre Performance war großartig.

Als ich zurück nach New York kam, fiel mir auf, dass es in der Gegend tatsächlich niemanden gab, der etwas ähnliches anbot. Dies war der Startschuss zur Gründung des HighBreedMusic-Aufnahmestudios, welches sich über die Zeit zu einem großen Erfolg entwickelt hat. Wir veranstalten hier Live-Konzerte, die eigentlich Recording-Sessions mit Video-Team-Unterstützung sind. Das klappt deshalb so gut, weil die Künstler zu uns kommen, um eine Show zu spielen. Es ist am Ende eigentlich gar kein besonders kompliziertes Konzept, aber da es eben kein anderer vor uns gemacht hat, haben wird dem ganzen schon irgendwie unseren Stempel aufgesetzt.

Wenn man sich ein paar deiner Produktionen anhört kann man tatsächlich attestieren, dass die Live-Energie wirklich ausgesprochen gut rüberkommt!

Durch eine sorgfältige Auswahl der bis zu 60 Zuhörer mittels persönlicher Einladung achten wir natürlich auch sehr darauf, dass die Stimmung im Studio wirklich gut ist. Normalerweise besteht die Hälfte des Publikums aus hochprofessionellen Musikern und die andere Hälfte aus Vertretern der Musikindustrie. Auf diese Weise spielt jeder unmittelbar vor Freunden, Kollegen, seiner Peergroup und Menschen, die man beeindrucken möchte. Wenn der Artist vor Leuten spielt, die er kennt, verbreitet das automatisch eine gute Atmosphäre im Raum. Es ist eine Art Zentrum wo jeder jeden trifft. Ein echtes Community-Projekt – und ganz nebenbei produziere ich auch noch Alben. 2020 habe ich das Slingbaum-Projekt, eine Kollaboration zwischen 30 Künstlern mit Künstlern wie Erykah Badu, D’Angelo oder Damon Albarn von den Gorillaz, als Produzent, Recording- & Mixing-Engineer betreut. Bei diesem Projekt trafen viele verschiedene Musiker aus unterschiedlichsten Genres zusammen.

Wie sieht dein Hauptsetup im Studio aus?

Ich mache eigentlich alles mit Cubase. Zudem bin ich ein wirklich großer Fan der Remote-Recording-Software VST Connect.

Wenn ich mir deinen YouTube-Kanal anschaue, bekomme ich den Eindruck, du setzt VST Connect tatsächlich ziemlich umfangreich ein.

VST Connect ist einfach sehr leistungsstark. Wenn jemand beispielsweise nach Los Angeles umzieht, ist es möglich einfach genauso weiterzuarbeiten, wie man es auch zuvor gemacht hat. Stell dir vor, du bist mitten in einer Session und du möchtest einen Part mit einem Musiker außerhalb der Stadt aufnehmen, alles was du tun musst ist ihn dazu zu schalten. Wenn du das Leuten das erste Mal erzählst, war die Reaktion bisher meist: „Was?!“ Aber seit die Pandemie zugeschlagen hat, verstehen mehr und mehr Menschen welche Vorteile diese großartige Technologie bietet.

Hat es die Art zu produzieren für dich verändert?

Das Beste an dieser Lösung ist tatsächlich, dass sich für mich nahezu gar nichts verändert hat. Aktuell produziere ich ein Album mit Sheena Melwani, einem Tic-Toc-Shooting-Star, bei dem wir die komplette Produktion über VST Connect abwickeln. Ich muss zugeben, als ich mit dem Projekt anfing war ich gerade im Urlaub in Mexico und habe die ersten Tracks am Strand produziert. Sowas wäre ohne VST Connect überhaupt nicht möglich.

Wie gehen die Künstler mit der neuen Art der Studioarbeit um?

Viele von ihnen waren wirklich begeistert wie reibungslos alles läuft. Und das Beste ist, sie müssen nichts selber kaufen. Die Tatsache, dass ich alle von meiner Seite der Verbindung her steuern kann ist absolut komfortabel. Auf diese Weise muss das Gegenüber eigentlich gar nicht so viel über die technischen Hintergründe wissen. VST Connect macht die Dinge für alle Beteiligten maximal einfach. Ich rufe jemanden an, wir testen kurz alles und schon kann die Aufnahme losgehen! Meine Freunde und ich machen oft Witze darüber, dass wir jetzt eine ganze Platte produzieren könnten, ohne dabei jemals Hosen zu tragen. (lacht)

Ist es ohne gemeinsame Studioatmosphäre nicht schwieriger in die richtige Stimmung zu kommen?

Da die meisten Leute, mit denen ich zusammenarbeite eine professionelle Karriere vorzuweisen haben und ihren Erfolg dem Umstand zu verdanken haben, dass sie echt coole Typen sind, ist das eigentlich kein wirkliches Problem. In der Regel verbindet mich mit den Künstlern eine längere Beziehung, was glücklicherweise dazu führt, dass ich es als Produzent nicht zu oft mit übergroßen Egos zu tun bekomme. Während des Recordings ist es eigentlich nicht viel anders, als würde man mit jemandem nebenan im Aufnahmeraum kommunizieren. Die meisten Leute vergessen eigentlich, dass sie gerade nicht physisch zusammen mit mir im Studio sind. Bei der großen Kollaboration zwischen Bilal und der HighBreed-Familie hatten wir während der Albumproduktion einen virtuellen Zoom-Raum zum gemeinsamen Abhängen eingerichtet, von dem aus man die Sessions verfolgen konnte, die gerade mittels VST Connect stattfanden. Es war eigentlich nichts anderes als wenn Leute zusammen in der Regie sitzen, thailändisches Essen futtern und darauf warten, ihre Session zu beenden. Über drei Tage drei Songs mit 30 Musikern an verschiedenen Orten zu produzieren war eine wirklich großartige Erfahrung. Alles hat perfekt geklappt!

Abgesehen von der aktuellen Pandemie-Lage spart man sich mit diesem Tool aber auch eine Menge Frustration, wie es im Normalfall ein Trip durch New York mittels U-Bahn und dem eigenen Equipment über der Schulter mit sich bringt. Für die meisten Musiker aus der Gegend bedeutet ein Tag im Studio eine minimale Anreise von 45 Minuten. Wenn die Leute dann im Studio eintreffen bekommst du in der Regel etwas zu hören wie: „Bevor wir anfangen, gib mir erst mal 50 bis 60 Minuten Zeit um runter zu kommen!“, und wegen dem ganzen Stress blieb natürlich auch keine Zeit vorher noch etwas zu essen. Infolge dessen starten die meisten Sessions also dann mit Ausruhen und Essen bestellen. VST Connect spart da einfach so viel kostbare Energie. Die Leute sind zu Hause, entspannt, fühlen sich wohl – und sind bereit sofort los zu legen. Wenn alles im Kasten ist beenden sie einfach die Session und sind zurück in ihrem Alltag. Das ist wirklich sehr angenehm!

highbreedmusic.com